Die europäische Kommission hat für energieeffizientere Rechenzentren rund 3 Millionen Euro gesprochen. Ein Konsortium mit der EPFL, Credit Suisse und Nissan soll mit weiteren, eigenen 3,4 Millionen Euro neue Technologien in die Tat umsetzen. Das Projekt wurde am europäischen Eaton-Hauptsitz in Morges (VD) vorgestellt.
Rechenzentren (RZ) wachsen wie Pilze nach einem Regen und verbrauchen immer mehr Energie, in Europa bereits 2 bis 2,5 Prozent der totalen Stromproduktion. Der Energiekonsum von RZ wächst schneller als in allen anderen Sektoren. Hauptgründe für das Wachstum der Rechenzentren sind der allgemeine Trend zu Outsourcing, die immer grössere Beliebtheit von Cloud-Services und die rasant gestiegene Mobilität, unter anderem mit Smartphones und Tablets.
Rechenzentren in städtischer Umgebung
Im Gegensatz zu den Mega-Rechenzentren der nordamerikanischen Unternehmen wie Google, Microsoft und Facebook werden in Europa vorwiegend kleinere RZ-Einheiten gebaut. Ausserdem stehen sie hierzulande näher zu den Städten. Obwohl in jedem Fall viel unternommen wird, um die RZ möglichst energiesparend und umweltfreundlich zu gestalten, fehlen oft gesamtheitliche Ansätze und Lösungen zur drastischen Reduzierung des Stromverbrauches von kleinen und mittelgrossen Rechenzentren.
Die Optimierung beschränkt sich auf separate Gebiete wie Server, Kühlung und Stromversorgung und wird gemäss den Initianten nicht ganzheitlich betrachtet. Existierende Energie-Management- und Kontroll-Software sei laut den Initianten zu komplex und zu teuer. Bisherige Versuche, erneuerbare Energiequellen zu verwenden, hätten eher enttäuschende Resultate geliefert, auch die Nutzung der erzeugten Wärme für Heizungszwecke habe nicht überzeugt.
Netzwerk optimieren
Jetzt soll mit dem Projekt «Green Data Net» (www.greendatanet-project.eu) die Wirkung der Datenexplosion auf die Umwelt gelindert werden. Das dreijährige Vorhaben – es wird von der EU-Kommission mit 2,9 Millionen Euros und von einem Konsortium von Unternehmen und Instituten zusätzlich mit 3,4 Millionen Euros unterstützt – hat zum Ziel, «Lösungen zu entwickeln, zu prüfen und zu demonstrieren, die einem Netzwerk von Datenzentren in städtischer Umgebung erlauben sollen, gemeinsam ihre Leistung in Sachen Energie und Ökologie zu verbessern.
Die erarbeiteten Technologien sollen ihnen erlauben, bis zu 80 Prozent Energie aus erneuerbaren Quellen zu verwenden und den Energieeffizienz-Faktor (PUE Faktor) auf 1,3 oder noch tiefer zu senken. Der PUE-Faktor vergleicht die total zugebrachte mit der von den Rechnern tatsächlich verbrauchten Energie und liegt bei vielen Rechenzentren zwischen 1,6 und 2. Hauptsächlich schuldig ist die Notwendigkeit, die Rechner zu kühlen.
Energie der Rechenzentren besser nutzen
Der Hauptansatz zur Lösung dieser Probleme besteht darin, «Energie-proportionale» Datenzentren zu bauen, in denen der Energieverbrauch jederzeit von der effektiven IT-Last abhängt. Soweit wie möglich wird lokal erzeugte erneuerbare Energie verwendet. Neue Batterie-Technologien aus der Autoindustrie sollen die Ungleichheiten zwischen Stromerzeugung und -Verbrauch glätten und den Gebrauch von Treibhausgas fördernder Energien minimieren. Neue für kleinere Zentren geeignete Energie-Management-Tools werden entwickelt. Daten über Verbrauch und Bedürfnisse der verschiedenen Zentren einer Region werden in einem intelligenten Netz zusammengeführt, um die Energieverteilung zu optimieren.
Erste Anwender dienen als Pilot-Stätten
Die gesamte Software wird als Open-Source-Plattform entwickelt, damit die Fortdauer des Projektes gewährleistet bleibt. Beiträge von Drittparteien seien laut den Initianten willkommen. Die von «Green Data Net» erarbeiteten Konzepte sollen in drei Pilot-Stätten geprüft werden: ein Rechenzentrum der Credit Suisse, eines der französischen CEA mit grosser photovoltaischer Zone und Smart Grid als intelligenter Netzwerk-Plattform. Dazu komm ein Standort in den Niederlanden, wo auch die Problematik um die Energie-Rückgewinnung aus Wärme untersucht wird. Am Schluss des Projektes werden Richtlinien zur Erstellung ökologisch nachhaltigerer RZ erstellt.
«‹Green Data Net› setzt sich zum Ziel, die Erstellung von Rechenzentren zu erleichtern, die in der Lage sind, gleichzeitig die wachsende Nachfrage zu decken und eine nachhaltige Energiepolitik zu sichern», erklärte Cyrille Brisson, EMEA Vize-President für Energiequalität bei Eaton. «Das Projekt soll uns erlauben, die Effizienz der Rechenzentren und die Qualität ihrer Umgebung merklich zu verbessern; wir wollen demonstrieren, dass erneuerbare Energien für diesen Zweck brauchbar sind. Rechenzentren, die erneuerbare Energien verwenden, speichern und teilen, eröffnen uns neue kommerzielle Möglichkeiten.»
EU und Schweiz partnern
Die Energiemanagement-Gesellschaft Eaton wird das Projektkonsortium leiten und sich mit den Aspekten der Stromversorgung beschäftigen (vorwiegend die Integration von Strom aus verschiedener Herkunft). Der existierende Eaton-Standort in Le Lieu im Waadtländer Jura wird modernisiert und auf Software-Entwicklung umgestellt. Dort werde laut Brisson spezifisch die Automation von Rechenzentren für mehr Energieeffizienz in die Tat umgesetzt. Die französische Kommission für atomare und alternative Energien (CEA) wird Prognosen über die Energieproduktion aus verschiedenen Quellen erstellen und Algorithmen für den Ausgleich von Produktion, Speicherung und Verbrauch von Energie entwickeln.
Die EPFL (ETH Lausanne) und Credit Suisse werden gemeinsam den Energieverbrauch eines Rechenzentrum untersuchen. Der Autohersteller Nissan wird die Möglichkeit untersuchen, photovoltaisch erzeugte Energie in gebrauchten Lithium-Ionen-Batterien von elektrischen Fahrzeugen zu speichern. Der Dienstleister ICT Room wird in den Niederländen gemeinsam mit Eaton ein Pilot- und Demonstrationsdatenzentrum entwickeln. Die Forscher der Universität von Trente in Italien werden die Möglichkeiten untersuchen, Energie zwischen Datenzentren einer Region auszutauschen.
(Jean-Luc Perrenoud, Morges)
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