Siemens steigt aus dem Geschäft mit Kernenergie aus. Konzernchef Peter Löscher erklärt das Kapitel für abgeschlossen. Mit grünen Technologien erwirtschaftete der deutsche Konzern im Geschäftsjahr 2010 schon rund 28 Milliarden Euro – rund die Hälfte des Gesamtumsatzes.
Im Zuge der Energiewende verabschiedet sich Siemens nun doch wieder aus dem Atomgeschäft. «In die Gesamtverantwortung des Baus von Kernkraftwerken oder deren Finanzierung werden wir nicht mehr einsteigen», sagte Löscher in einem am Sonntag veröffentlichten «Spiegel»-Interview. Grund für die Entscheidung sei unter anderem die klare Positionierung von Gesellschaft und Politik in Deutschland zum Ausstieg aus der Kernenergie nach der Atomkatastrophe in Japan. Der Ausstieg hatte sich schon Ende März aufgrund von Insider-Gerüchten angekündigt, kurz nach der Fukushima-Havarie.
Atomkraftgegner begrüssen den Rückzug
«Wir begrüssen es sehr, dass Siemens künftig keine Atomtechnik mehr herstellen will. Allerdings ist es dann inkonsequent, wenn der Konzern weiterhin Turbinen und Generatoren für Atomkraftwerke liefern will», sagte Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atom-Organisation «ausgestrahlt». Er fordert Siemens auf, vollständig auf das Geschäft mit AKW zu verzichten, denn am Ende mache es keinen Unterschied, ob das Unternehmen am nuklearen oder konventionellen Teil eines Reaktors beteiligt sei, erklärte Stay.
Die Aktivisten vergessen in ihren Forderungen, dass Turbinen und Generatoren auch für Biogas zum Einsatz kommen. Biogas wird aus Grünabfall hergestellt und in Dänemark und weiteren Ländern grossflächig eingesetzt, um die erneuerbaren Energien mit speicherbaren und ökologischen Energie-Rohstoffen zu ergänzen.
Kooperation mit Rosatom scheidet
Das seit längerem geplante Atom-Joint-Venture mit dem russischen Rosatom-Konzern wird es nicht mehr geben. «Wir werden auf anderen Feldern zusammenarbeiten, eine Arbeitsgruppe setzt ihre Verhandlungen fort», sagte ein Rosatom-Sprecher. Ein mögliches Kooperationsfeld sei die Nuklearmedizin, beispielsweise bei Tomographen.
Das Atom-Joint-Venture sollte ein neuer Atomtechnik-Gigant werden, als fünfter Anbieter neben Areva, Mitsubishi, dem Bündnis von GE und Hitachi und der Toshiba-Tochter Westinghouse. Löscher schwenkt auf den Kurs seines Vorgängers Heinrich von Pierer, der 2007 wegen Korruptionsvorwürfen zurücktreten musste. Dieser wollte sich aus der Atomtechnologie zurückziehen. In seinen Plänen aus dem Jahr 2009 glaubte er bis 2030 an 400 neue Atomreaktoren mit Investitionen von über 1’000 Milliarden Euro.
(Marco Rohner)
Weitere Themen:
Neueste Artikel von Marco Rohner (alle ansehen)
- Bund beschafft freihändig 49 Mio. Franken Auftrag von Oracle - 24. November 2016
- Ubuntu und Kubuntu 16.04 LTS im Test - 21. Oktober 2016
- Labdoo.org gewinnt Lenovo Schweiz - 4. Juli 2016