Nicht mehr OSEC sondern Switzerland Global Enterprise, Switzerland GE, heisst sie nun, die halbstaatliche, aber privatwirtschaftlich organisierte und tätige Wirtschaftsförderungsorganisation der Schweiz. Die USA und die EU geben im Export weiter den Takt an.
Das Mandat der Switzerland Global Enterprise (ehemals OSEC) umfasst traditionellerweise die Exporthilfe für schweizerische KMU, kleine und mittlere Unternehmen, geht aber heute darüber hinaus, sowohl in die Promotion des Investitionsstandortes Schweiz als auch in die Förderung der Marke Schweiz im Ausland.
Das jährliche Aussenwirtschaftsforum, AWF, der Switzerland GE konzentriert sich indes auf das Kerngeschäft und bringt jeweils Hunderte von Firmen- und Exportchefs zusammen, um erstens sich von anerkannten Experten die neuesten Entwicklungen auf den internationalen Märkten erläutern zu lassen und zweitens untereinander Erfahrungen auszutauschen, wie trotz momentan widrigen Umständen – Krise in traditionellen europäischen Absatzmärkten, harter Schweizer Franken – noch mehr und noch besser exportiert werden kann.
Konkurrenzlose Qualitätsprodukte
Das diesjährige Forum, mit rund 650 Teilnehmern in der Messe Zürich durchgeführt, wurde durch den CEO der Switzerland GE, Daniel Küng, fulminant mit dem Hinweis auf die drei traditionellen Erfolgsfaktoren der schweizerischen Exportindustrie eröffnet: Innovation als Basis von optimal auf den Zielmarkt abgestimmten Produkten, Swissness (Qualität, Vertragstreue, Service après-vente) als Merkmal um sich von anderen Anbietern abzuheben und schliesslich Anpassungsfähigkeit, um sich rasch wandelnden Kundenbedürfnissen und Rahmenbedingungen immer wieder neu anzupassen.
Am AWF wird jeweils auch der «Swiss Export Award» vergeben, an je ein neues (step-in) und ein bereits bewährtes (success) Unternehmen, welche im vergangenen Jahr die drei erwähnten Prinzipien mit speziellem Erfolg angewandt haben. Beide Preisträger 2013 sind typische schweizerische KMU welche mit ausgesprochener Nischenpolitik und einem dort konkurrenzlosen Qualitätsprodukt oft auch in Wirtschaftssektoren, und Ländern, grossen Erfolg haben, welche auf den ersten Blick nicht traditionellen Exportschwerpunkten entsprechen.
Unterschiedliche Zukunftsszenarien
Das junge Neuenburger Unternehmen JNJ Automation, aus einem traditionellen Handwerksunternehmen für Blechverarbeitung hervorgegangen, baut Verpackungs- und Förderanlagen für Lebensmittel, speziell für Käse. Diese Maschinen sind im französischsprachigen Teil von Kanada zu einem ersten Exporterfolg geworden, womit das Unternehmen nun die Reserven hat, mit neuen Mitarbeitern in sprachlich und anderweitig schwierigere Märkte im Westen Kanadas und in den USA vorzustossen.
Die bereits etwas mehr etablierte Firma «SAFEmine» aus Baar entwirft Sicherheitssysteme für Fahrzeuge in Tagbaubergwerken. Das System, ursprünglich für unfallfreien Bodenverkehr auf Flugplätzen entwickelt, findet nun reissenden Absatz in den gigantischen Monstertrucks, welche die grossen Bergbauunternehmen für den ersten Transport der im Tagbau herausgebrochenen, aber noch unverarbeiteten Rohstoffe einsetzten.
Vom selben Ausgangspunkt her, den «hidden champions» (KMU, die mit Innovation unter die Weltmarktführer in kleinen Spezialmärkten zählen) kamen am Forum drei der eingangs erwähnten internationalen Kapazitäten zu ziemlich unterschiedlichen Zukunftsszenarien für die globalen und für die europäischen, damit auch schweizerischen Wirtschaftsaussichten.
Die Schweiz meldet zehnmal mehr Patente an als Spanien
Der deutsche Professor, Unternehmer für Managementberatung und Buchauthor Hermann Simon sieht den unaufhaltsamen Aufstieg der grossen Schwellenländer BRICS um einiges weniger dramatisch und unmittelbar bevorstehend als vielerorts angenommen. In absehbarer Zukunft würden weiterhin die USA und die EU, mit Abstand gefolgt von China den weltwirtschaftlichen Takt angeben, nicht aber Indien, Brasilien und ähnliche Länder. Innerhalb Europas sieht er einen über lange Jahre durch Innovation und Exportanstrengungen aufgebauten Wettbewerbsvorteil von Nordeuropa, minus Grossbritannien. So meldet die Schweiz pro Kopf Bevölkerung rund zehnmal mehr Patente an als beispielsweise Spanien.
Der Amerikaner Jeremy Rifkin, Futurologe und Bestsellerautor, im Gegensatz zu zahlreichen seiner Landsleute ein EU-Fan, glaubt dass Europa als erster Teil der Weltwirtschaft schon bald in die dritte Industrierevolution eintreten wird. Diese würde durch die beiden Pole, teilweise schon erhältlicher, Technologie (Internet, etc.) einerseits sowie durch neue Energieformen andererseits bestimmt (keine fossile Energieträger mehr wegen der Gefahr der Vernichtung der Welt wie wir sie kennen durch Umweltverschmutzung), und entlang der Achse des 3D-Printing (direkte Produktion durch den Computer) vollzogen werden.
China, künftige Lokomotive der Weltwirtschaft
Die China-Amerikanerin Linda Yueh, Buchautorin und Wirtschaftskommentatorin für die BBC, für CNN und für die ‚Financial Times‘, sieht – im Gegensatz zu Simon – China als bereits aktuelle und auf jeden Fall künftige Lokomotive der Weltwirtschaft, indes ebenfalls in einer wirtschaftlich mehrpoligen Welt. In ihren brillant vorgetragenen, aber in der Substanz recht konventionellen Darlegungen vermisste man allenfalls die Darstellung möglicher politischer Risikofaktoren, welche im Grossraum Asia Pacific ebenso präsent sind wie optimistische Wirtschaftsaussichten.
Dies war indes offensichtlich und naturgemäss im Sinne der Veranstaltung, bei welcher nicht die sich verschlechternden Rahmenbedingungen für die politische Schweiz, sondern primär die betriebswirtschaftlichen Erfolgsfaktoren der ja weiterhin blühenden schweizerischen Exporttätigkeit herausgearbeitet und demonstriert wurden. Diesen Zweck hat das AWF einmal mehr voll und eindrücklich erfüllt.
(Daniel Woker)
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