Die 10. X-Days haben 1300 Besucher in den Kursaal Interlaken gelockt. Die Keynotes haben provoziert und motiviert, doch Nutzen und Kosten des Anlasses stehen in der Kritik.
Bei märchenhaftem Wetter haben am 19. und 20. März die 10. X-Days in Interlaken stattgefunden, diesmal unter dem Thema «Zwischen Welten und Wolken». Mit der Ausrede, es sei ja für das Networking, die Inspiration und die Wahrnehmung neuster Technologien werden sicher die Bedenken über die Beteiligungskosten auf die Seite gelegt – vorerst.
Wie weiter mit den X-Days?
Die Organisation war perfekt, daran wird kein Teilnehmer gezweifelt haben. Wie gewohnt waren auch die meisten Keynotes und Business-Track-Vorträge hervorragend (für Letztere musste aber extra bezahlt werden). Dennoch herrschte bei vielen Teilnehmern Zweifel über den Nutzen des Anlasses. Immer wieder wurde das Thema aufgeworfen. War es Schuld der bösen Medien (wie behauptet wurde), dass die Diskussionen über die Weiterführung der Veranstaltung nicht aufhörten? Erstaunlich war dann doch, als die Moderatorin Regula Elsener beim Einklang des zweiten Tages sich wagte, den Sponsoren die Frage zu stellen, dass die Antwort auf den Nachmittag verschoben wurde. Sie ist schlussendlich gekommen, ohne viel Begeisterung und Überzeugung meinen wir: Ja, es wird die X-Days 2015 geben, aber wie, wo und in welcher Form steht heute noch offen und wird vom Feedback der Teilnehmer abhängen.
Information vs. Werbung
Vorträge im ICT-Track sollten sich nicht auf Werbung für Produkte beschränken. Wir waren nicht alleine von einigen besuchten Präsentationen enttäuscht – auch Teilnehmer haben sich darüber beschwert. «Wir haben viel bezahlt und sind gekommen um Visionen zu erhalten und über neue Tendenzen zu erfahren. Neues gelernt haben wir aber nichts», meinte eine Zürcher Gruppe gegenüber Greenbyte.ch. Vielleicht liegt da auch das Problem der X-Days in ihrer aktuellen Form: Ist es eine Information- oder Verkaufsveranstaltung? Dieselbe Frage konnte man sich beim Beobachten der Mienen der Mitarbeiter auf den Ständen stellen. Verzweifelt starrten sie auf die Badges der vorübergehenden Teilnehmer, um mögliche neue Prospekte nicht zu verpassen.
«Beyond Java»
Sehr geschätzt wurde die Keynote-Rede von Gunter Dueck zum Thema: die Welt nach Cloud Computing. Von Mäusen, Katzen und Hunden war die Rede, wie in einer Fabel oder in einem Disney-Film. Die Ausführungen des guten Professors haben aber sicher (hoffentlich) einige Teilnehmer aus ihrer Komfortzone geholt. Vorwiegend durch das Internet der Dinge bedingt, seien die Änderungen, die auf unsere Gesellschaft zukommen, nicht zu unterschätzen. Der Umbruch werde vergleichbar sein mit dem, was in der Landwirtschaft und in der Industrie in den letzten zwei Jahrhunderten geschehen ist. Dueck sieht zum Beispiel das Ende des Autos wie wir es heute kennen, zugunsten einer Mobilität auf Abruf. Die Zeit sei vorbei, in der sich der Informatiker nur für Informatik interessiert. Nicht mit Java, sondern mit dem Business soll er sich beschäftigen und sich die notwendigen Fähigkeiten aneignen, vorwiegend Kommunikation und Teamfähigkeit.
Bond des 21. Jahrhunderts
Der Vortrag von Jonathan Evans, ehemaliger Generaldirektor des britischen Inlandsgeheimdienstes MI5 und seit seiner Pensionierung Experte für Cyber-Kriminalität und -Sicherheit, bildete den Abschluss und sicher einen der Höhepunkte der X-Days 2014, dies natürlich in Hinblick auf den Skandal um «Wistleblower» Edward Snowden und die NSA. Die ganze Welt der Spionage und Gegenspionage habe sich am 11. September 2001 total verändert. Früher wurden Spione (vorwiegend Gesandtschaftsangestellte) telefonisch überwacht und in Autos verfolgt, die gesamte Organisation funktionierte mit Papierdossiers. Heute hat sich die Jagd auf andere Arten von Feinden wie Cracker, Terroristen und industrielle Spione erweitert und wird von den modernsten Techniken der Informatik unterstützt. Interessant zu erfahren war, dass Diskussionen über Cybersecurity zwischen allen Grossmächten stattfinden: Russland und China inbegriffen. Die Cloud werfe wohl Sicherheitsfragen auf, aber habe ebenfalls das Potential, den Unternehmen zu helfen, die Sicherheit ihrer Informatik gegenüber hausinternen Anlagen zu erhöhen.
Evans hat es dann nicht unterlassen, seine Meinung zu den Snowden-Enthüllungen zu äussern. Dazu stellte er abschliessend den Teilnehmern drei provokative Fragen: «In wen haben Sie mehr vertrauen, in ihre Regierung oder in die Verbrecher?; Soll die Regierung in der Lage sein, Daten zur Verhinderung von Verbrechen zu sammeln?; Wenn die Vereinigten Staaten, ein Land mit Gesetz, parlamentarischer Überwachung und freier Presse dies tun, was denken Sie, was Länder ohne Gesetz, ohne parlamentarischer Überwachung und unfreier Presse tun?»
(Jean-Luc Perrenoud)
Redaktioneller Hinweis
Greenbyte.ch ist Medienpartner des Anlasses. Die Referate wurden aufgenommen. Sie sind alle online abrufbar unter: http://www.xdays.ch/programm/x-days-2014-zwischen-welten-und-wolken/
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