Fortschritte von Linux 4.5: Februar im Kernelrückblick

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Der Linux-Kernel, auf den alle zukünftigen GNU/Linux-Distributionen wie Suse, Debian, Ubuntu und Red Hat Enterprise Linux aufsetzen, bekommt mit Version 4.5 ein baldiges Update. Gastautor Mathias Menzer durchleuchtet die Linux-Updates des Februars 2016.

Karte des Linux-Kernels.

Karte des Linux-Kernels. http://www.makelinux.net/kernel_map/ (pd)

4.5-rc3

Die Entwicklung von Linux 4.5 ging im Februar munter weiter, wobei man bei einem Blick in die Statistiken der dritten Entwicklerversion [1] den Eindruck gewinnen könnte, die Entwicklung liefe rückwärts: Der Kernel wurde um über 50000 Code-Zeilen verkleinert. Diese Situation ist eher ungewöhnlich, bläst doch die fortschreitende Entwicklung den Linux-Kernel eher weiter auf. Selbst wenn durch Aufräumarbeiten große Teile an Quelltext entfernt werden, ist fast immer die Zahl der hinzugekommenen Code-Teile größer.

Diesmal rührt der vergleichsweise hohe Verlust an „Masse“ von der Entfernung dreier RDMA-Treiber [2] her. Um die Stabilität des Kernels braucht man sich dennoch nicht zu sorgen. Zum einen sind die entsprechenden Treiber bereits seit knapp sechs Monaten als „deprecated“ („überholt/veraltet“) gekennzeichnet, womit von ihrer Verwendung strikt abgeraten wird. Zum zweiten befanden sie sich seither im staging-Bereich, sodass man in der Zwischenzeit bemerkt hätte, wenn jemand statisch auf die Treiber oder ihre Bibliotheken gelinkt hätte. Im Endeffekt wird der normale Anwender hiervon keine negativen Auswirkungen spüren und Spezialnutzern hat man die Gelegenheit gegeben, darauf zu reagieren.

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4.5-rc4

Linux 4.5-rc4 [3] lieferte Torvalds sozusagen als Valentinstag-Geschenk ab. Das Volumen der Änderungen war zurückgegangen und diesmal wurde der Kernel-Code wieder etwas größer. Die Änderungen liefen zumeist unter der Kategorie „Fehlerkorrekturen“, von denen viele dem amdgpu-Treiber und der dazugehörigen Energieverwaltungskomponente „Powerplay“ zugute kamen.

Weiterhin wurde ein kleines Skript aufgenommen, das insbesondere Entwicklern, die häufig den Linux-Kernel kompilieren und hierbei die Option CONFIG_LOCALVERSION_AUTO nutzen, ihr System wieder von Altlasten befreit. Diese Option hängt an den Namen für jedes Kompilat eine Versionsinformation an, die der Git-Versionsverwaltung entnommen wurde. Damit kann zwar leicht festgestellt werden, womit ein bestimmter Kernel gebaut wurde, jedoch erzeugt dies bei häufiger Verwendung einen großen Wust an Kernel-Abbildern und deren zugehörigen Bibliotheken auf der Festplatte. Das kleine Skript ./prune-kernel soll nun alle nicht von der eigenen Linux-Distribution installieren Kernel-Versionen finden und deren Hinterlassenschaften aus /boot und /lib entfernen. Derzeit ist dieses Skript jedoch auf RPM- basierte [4] Distributionen begrenzt.

4.5-rc5

Bereits Samstags, dafür auch um einiges kompakter, erschien die fünfte Entwicklerversion [5]. Entsprechend fanden hier auch keine großen Umbrüche statt. Einer der umfangreichsten Änderungen ist am Code für die Interaktion mit dem BIOS-Nachfolger EFI [6] zu finden. Hier wurde die Überprüfung von Variablen überarbeitet, um Fehlern durch unterschiedliche Zeichenkodierungen vorzubeugen.

4.5-rc6

Wieder etwas größer fiel Linux 4.5-rc6 [7] aus, der einen Tag später auch eine Schaltjahr-Version hätte werden können. Dessen vermutlich wichtigste Änderung wurde jedoch nur mit einem Neun-Zeilen-Patch eingebracht: Die Korrektur eines Fehlers im Code für große Speicherseiten (THP, „Transparent Huge Pages“). Eine Änderungen hieran hatte zu scheinbar zufälligen Abstürzen von Systemen der s/390-Architektur [8] geführt. Da darauf IBMs aktuelle Mainframes aufbauen, ist ein solcher Fehler trotz der vergleichsweise geringen Nutzerzahl nicht geeignet, den verantwortlichen Entwicklern einen guten Schlaf zu bescheren, befinden sich diese Systeme doch vorwiegend im Umfeld großer Unternehmen im Einsatz und stellen beispielsweise die Grundlage für den Betrieb von SAP-Installationen.

Weiterhin kam ein Treiber hinzu, der Support für den Power-Management-Chip TPS65217x von Texas Instruments liefert. Dieser soll ARM-Prozessoren beim Umgang mit Lithium-Ionen-Akkus [9] zur Seite stehen und könnte in akkubetriebenen, tragbaren Geräten wie beispielsweise in Navigationsgeräten zum Einsatz kommen.

Eine siebte Entwicklerversion plant Torvalds noch fest ein und sollte diese nicht erheblich weniger Änderungen aufweisen, wird er auch noch mindestens einen -rc8 nachschieben. Somit dürfte mit der Veröffentlichung von Linux 4.5 nicht vor Mitte März zu rechnen sein.

(Mathias Menzer)

Links

[1] https://lkml.org/lkml/2016/2/7/266

[2] https://en.wikipedia.org/wiki/Remote_direct_memory_access

[3] https://lkml.org/lkml/2016/2/14/173

[4] https://de.wikipedia.org/wiki/RPM_Package_Manager

[5] https://lkml.org/lkml/2016/2/20/168

[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Unified_Extensible_Firmware_Interface

[7] https://lkml.org/lkml/2016/2/28/207

[8] https://de.wikipedia.org/wiki/System/390

[9] https://de.wikipedia.org/wiki/Lithium-Ionen-Akkumulator

 

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Mathias Menzer
Mathias Menzer behält die Entwicklung des Linux- Kernels im Blick, um über kommende Funktionen von Linux auf dem Laufenden zu bleiben und immer mit interessanten Abkürzungen und komplizierten Begriffen dienen zu können.