Grossumbau für Linux 4.2: Juli im Kernel-Rückblick

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Der Linux-Kernel, auf den alle Distributionen wie Ubuntu, Suse Linux und Red Hat Enterprise Linux aufsetzen, ist im Juli zur Entwicklerversion 4.2 übergegangen. Mathias Menzer durchleuchtet die aktuellen -Updates und -Hintergründe. 

Karte des Linux-Kernels.

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Endete der Juni mit der Freigabe von Linux 4.1, so startete der Folgemonat mit der Entwicklerversion von Linux 4.2. Diese ist viel zu gross, um im Schatten einer früheren Version zu stehen; über eine Million Zeilen an Quelltext wurden von den Entwicklern modifiziert. Linux 4.2-RC1 sticht deutlich aus den Versionen der letzten Jahre heraus. Aus dem 4er- und 3er-Kernel-Zweig übertreffen lediglich zwei Versionen den aktuellen Erstling und in beiden Fällen waren Verschiebungen grossen Mengen an Dateien die Ursache. Die Zahl der gelöschten Zeilen bleibt eher im Normbereich, wodurch der Linux-Kernel diesmal besonders stark anwächst.

Viel Neues wegen AMD-Grafikprozessoren

Auslöser des aktuellen Grössenwahns ist der neue amdgpu-Treiber. Dieser wird für neuere Generationen von AMDs Grafikprozessoren benötigt und soll grundsätzlich eine einfachere Userspace-Schnittstelle mitbringen. amdgpu bringt ebenfalls umfassende Definitionen für Register mit, die direkt AMDs Datenbanken entstammen. Diese Auflistung der von den GPUs genutzten Speicherstellen ist in etwa fünfmal grösser als der eigentliche Treiber.

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Ein wenig geruhsamer kam dann Linux 4.2-RC2] daher. Hier fiel vor allem die Verlagerung von rbtree in einen anderen Bereich der Kernel-Quellen auf. Red-Black-Trees, ein sogenannter Suchbaum, stellt eine Struktur zum strukturierten Speichern von Daten dar, wie dies beispielsweise in Dateisystemen geschieht. Eine prominentere Art ist der unter anderem von btrfs genutzte B-Tree.

Mit ein paar Änderungen mehr konnte dann der RC3 aufwarten. Diese liessen sich jedoch schon zum grössten Teil mit Fehlerkorrekturen erklären. Ein paar Aufräumarbeiten am Code für die Speicherverwaltung verteilten sich über fast alle Plattformen.

Grosser Umbau auch bei IBM- und Intel-Treibern

Linux 4.2-rc4 machte ebenfalls noch nicht den Eindruck, als könnte die Entwicklung in Bälde zu Ende gehen. Die grösste Änderung (über ein Viertel der geänderten Quelltextzeilen) entfiel jedoch auf die Verschiebung einer speziellen virtio-Implementierung in einen anderen Bereich, was jedoch erst einmal keine funktionalen Änderungen mit sich bringt. Diese Ein-/Ausgabe-Bibliothek für virtuelle Umgebungen muss unter IBMs s390-Architektur mit Command Channels umgehen können, den speziellen Befehlssätzen für die Verwaltung von Ein-/Ausgabe-Operationen. Ebenfalls schwer ins Gewicht fiel das Entfernen einer neuen Funktion für den Intel-WLAN-Treiber iwlwifi – diesmal sind funktionelle Änderungen jedoch erwünscht, denn die Einführung mehrerer Warteschlangen für eingehende Netzwerkpakete führt zu Problemen, die die Firmware einiger WLAN-Chips zum Absturz brachte.

Warten auf den (kd)Bus

Obwohl er bereits für die Aufnahme zum Merge Window für Linux 4.1 vorlag, hat es das Interprozess-Kommunikationssystem «kdbus» wieder nicht in den aktiven Kernel geschafft. Während bei 4.1 der Grund für die Ablehnung noch in Unzufriedenheiten mit der Implementierung seitens der Kernel-Entwickler zu suchen war, stoppte diesmal Hauptentwickler Greg Kroah-Hartman selbst die Aufnahme. Das Team von «kdbus» wird die Zeit bis zum Beginn des nächsten Entwicklungszyklus noch nutzen, um einige Unstimmigkeiten auszuräumen .

Treiber für ext3-Dateisystem entfernen?

Mancher mag kurz innehalten, wenn er von dem Vorschlag liest, dass der Treiber für das ext3-Dateisystem aus Linux entfernt werden soll, war dies doch jahrelang das Standard-Dateisystem vieler Distributionen. Doch faktisch dürfte der Verlust eher sentimentaler Natur sein. Der Treiber des designierten Nachfolgers ext4 kann auch mit ext3-Dateisystemen umgehen und soll dies nach dem Willen des derzeitigen ext3-Betreuers künftig auch tun. Auch der Betreuer von ext4, Theodore Ts’o, hat sich mittlerweile in die Debatte eingeklinkt und die Umstellung befürwortet. So könnte Linux 4.3 nach 14 Jahren der erste Kernel werden, der zwar ext3 unterstützt, doch der ext3-Treiber fehlt.

(Mathias Menzer)

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Mathias Menzer
Mathias Menzer behält die Entwicklung des Linux- Kernels im Blick, um über kommende Funktionen von Linux auf dem Laufenden zu bleiben und immer mit interessanten Abkürzungen und komplizierten Begriffen dienen zu können.