Linux 3.2 und ASPM: Der November im Kernel-Rückblick

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Linux-Nutzer erfreuen sich an dramatisch verlängerten Laufzeiten für Notebooks. Ausserdem sollen Schreibvorgänge auf die Festplatte spürbar schneller werden. Mathias Menzer erklärt mit Blick auf den aktuellen Entwickler-Kernel, welche Geräte in einem halben Jahr unterstützt werden und welche Funktionen neu hinzukommen.

Klick zum Vergrössern: Die Karte des Linux-Kernels. (pd)

Basis aller Linux-Distributionen wie Ubuntu, Open Suse oder Red Hat Enterprise  ist der Linux-Kernel. Er wird fortwährend unter der Leitung des Linux-Erfinders Linus Torvalds weiterentwickelt. Mit der ersten Vorabversion von Linux 3.2 bekam der Kernel auch gleich einen neuen Namen: Auf die «Divemaster Edition» folgt «Saber-toothed Squirrel» (übersetzt: Säbelzahn-Eichhörnchen).

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Der Patch, der ein 3.1-Archiv auf 3.2-rc1 (RC: Release Candidate) befördert, verirrte sich nicht nur in den falschen Pfad, er wurde nicht im Verzeichnis «testing» sondern direkt unter v3.0 veröffentlicht, und war diesmal verhältnismässig gross. Das lag jedoch an Änderungen der Struktur des Kernel-Quellcodes, in der ganze Bäume verschoben wurden. Während die Versionsverwaltung Git damit problemlos zurecht kommt und das Verschieben innerhalb des Dateibaums abbilden kann, müssen die betroffenen Dateien im Patch einmal gelöscht und am neuen Ort wieder erstellt werden. Diese Aufräumarbeiten dauern schon länger an und sollen die Struktur übersichtlicher machen. Prominent waren das Zusammenziehen der TTY-Umgebung (die Umsetzung der Terminal-Schnittstelle) mit den Character Devices (zeichenorientierten Geräten) (siehe «Der Januar im Kernelrückblick», freies Magazin 02/2011).

Spürbare Veränderungen für Endanwender

Im November kamen der Bereich der Netzwerktreiber, die ARM-Architektur und der Zweig von User Mode Linux dran. Die bedeutendste Neuerung in Torvalds Augen ging in der Masse dieser Umbauarbeiten unter: Änderungen an der virtuellen Speicherverwaltung, die die Steuerung von Schreibvorgängen auf Datenträger verbessern und dadurch für die meisten Endanwender spürbar sein sollen.

Linux 3.2-rc2 konnte wieder im korrekten Pfad gefunden werden, nachdem Torvalds seine Skripte korrigiert hatte, die für die Veröffentlichung des Kernels zuständig waren. In Version 3.2-rc2 wurden insbesondere die Komponenten des freien Nouveau-Treibers für NVIDIA-Grafikchips von Fehlern behoben und Erweiterungen an der Architektur-Unterstützung für Motorolas 6800-Prozessorfamilie vorgenommen. Dazu kommen Ergänzungen der Dokumentation für den DRM-Bereich (Direct Rendering Manager) und das Kernel-Testskript «ktest.pl».

RC3 mit DRM-Korrekturen der Treiber für Intel- und AMD-Grafik

Linus Torvalds startete Linux vor 20 Jahren.

Den RC3 legte Torvalds dann pünktlich zu Thanksgiving auf. Fiel der RC2 noch vergleichsweise klein aus, bietet der RC3 ein eher gewohntes Bild. Die Änderungen verteilen sich einigermassen gleichmässig über den ganzen Kernel. Der DRM-Bereich sticht mit verschiedenen Korrekturen an den Treibern für Intel- und AMD/ATI-Grafik ein klein wenig hervor. Der WLAN-Treiber «iwlwifi» sorgte in RC2 noch für eine Kernel-Panic, wenn der WLAN-Chip abgeschaltet und der Treiber entladen werden sollte. Eine Änderung der Reihenfolge, in der die einzelnen Komponenten des Systems deaktiviert werden, soll das Problem nun beheben.

Waren die Vorabversionen 2 und 3 mit einer eher steigenden Anzahl an Änderungen behaftet, so deutet Linux 3.2-rc4 auf eine Beruhigung der Entwicklung hin. Entsprechend sind die Änderungen auch überschaubar. Abermals wurde an der ARM-Architektur gearbeitet, ebenso an Samsungs auf ARM basierendem System-on-Chip-Plattform Exynos mit deren Grafik-Treiber. Auch am neuen vielversprechenden Dateisystem «BTRFS» wurden Fehler korrigiert. Vielleicht legt Torvalds uns dieses Jahr wieder einen Weihnachtskernel unter den Christbaum; da jedoch noch einige Probleme offen sind, lässt sich das nicht mit Sicherheit sagen.

Ubuntu-Kernel-Team testet PCIe-Energiemanagment

Ein langes Leiden begann mit Kernel 2.6.38, als ein Problem mit dem Active State Power Management (ASPM) des PCI-Express-Bus auftrat. Betroffene Notebook-Nutzer mussten fortan mit drastisch verkürzten Laufzeiten leben, da die PCIe-Umgebung sich nicht mehr in den Schlaf schicken liess. Ursache war eine Änderung, die eigentlich Probleme in dem Fall verhindern sollte, dass das BIOS die Verwendung von ASPM zu unterbinden sucht. Hierbei wird eine Einstellung ausgelesen, die jedoch in vielen Fällen falsch gesetzt ist und somit bewirkt, dass ASPM deaktiviert wird; obwohl es eigentlich verfügbar wäre. Die Folge ist ein erhöhter Energiebedarf des PCIe-Busses, da er dauerhaft aktiviert bleibt.

Zwischenzeitlich wurde ein Patch auf Basis des ursprünglichen Übeltäters vorgestellt, der jedoch ASPM nur dann wirklich deaktiviert, wenn die vollständige Kontrolle über PCIe beim Betriebssystem liegt und es damit die eigenen Mechanismen zum Energiemanagement nutzen kann anstelle des in PCIe integrierten ASPM. Das Ubuntu-Kernel-Team testet den Patch mittels eines angepassten Kernels für Ubuntu 11.10 und die Entwicklungsversion 12.04.

(Mathias Menzer)

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Mathias Menzer
Mathias Menzer behält die Entwicklung des Linux- Kernels im Blick, um über kommende Funktionen von Linux auf dem Laufenden zu bleiben und immer mit interessanten Abkürzungen und komplizierten Begriffen dienen zu können.