Der Linux-Erfinder Linus Torvalds hat Nvidia den Stinkefinger gezeigt. Das taiwanische Hardware-Unternehmen ist vor allem für seine Grafikchips in PC, Smartphones und Tablets bekannt, doch unter Linux-Nutzern sind sie berüchtigt für miesen Support. Nvidias Beitritt zur Linux Foundation im März hat daran nichts geändert. Das Unternehmen weigert sich weiterhin, Open Source wie Intel und AMD mit quellenoffenen Treibern zu unterstützen.
Torvalds wurde bei einer Fragestunde im Aalto Center for Entrepreneurship (ACE) in Otaniemi (Finnland) auf die Rolle Nvidias angesprochen. «Ich bin glücklich zu sagten, dass Nvidia der mit Abstand grösste Problempunkt ist, den wir jemals hatten», sagte Torvalds. Anschliessend rief er mit gestrecktem Mittelfinger in die Kamera: «Fuck you, Nvidia!»
Eine Teilnehmerin sprach ihn auf ihre eigenen schlechten Erfahrungen an, den Nvidia-Optimus-Chip ihres Notebooks unter Linux zu nutzen. Sie stand stellvertretend für viele Nvidia-Kunden. Nvidia beteiligt sich seit jeher nicht an der Entwicklung von quellenoffenen Treibern. Das schränkt Linux-Nutzer in ihrer Freiheit ein, weil Hardware-Funktionen ohne Treiber nicht abrufbar sind. Torvalds lobte, dass Nvidia die Ausnahme der Regel sie und andere Hardware-Hersteller sehr gut mit der Linux Foundation zusammenarbeiten. Dass dies besonders die Nvidia-Konkurrenten Intel und AMD sind, sowie viele Hersteller im ARM-Umfeld sind, liess er unerwähnt. «Im Falle von Nvidia ist es besonders traurig, weil sie sehr viele Chips in den Android-Markt zu verkaufen versuchen», sagte Torvalds. Den Ausschnitt können sie gleich im angefügten Video selbst ansehen. Die Szene startet bei Minute 48. Hier ist sie markiert (Direktlink zu Youtube).
«Nvidia war der mit Abstand grösste Problempunkt, den wir jemals hatten.» Linus Torvalds
Nvidia seit März in Linux Foundation
Nvidia war erst im März der Linux Foundation beigetreten. Die Linux Foundation bringt Unternehmen, Organisationen und Entwicklern zur Weiterentwicklung von Linux zusammen. Das gemeinnützige Konsortium bezahlt Torvalds’ Gehalt. Zur Unterstützung der Kernfunktionen von Tegra-Chips entwickelt Nvidia für den Linux-Kernel, damit neue Linux-Versionen die Chips von Haus aus unterstützen. Tegra besteht aus ARM-Prozessoren und Nvidia-Grafikkernen. Tegra-Chips sind in Smartphones und Tablets mit dem linux-basierten Android-Betriebssystem integriert wie dem HTC One X oder dem Asus Transformer. Beide verfügen über fünf Prozessor-Kerne: abwechslungsweise vier für Leistungfähigkeit und einer zum Stromsparen.
Schlechter Support bleibt
Nvidia beteiligt sich weiterhin nicht an der Entwicklung von quellenoffenen Treiber. Für die eigenen Grafikchips bietet das Unternehmen weiterhin proprietäre Linux-Treiber an – sowohl für PC wie auch für Tegra. Der Entwickler Arnd Bergmann ist mit dem ARM-Code des Linux-Kernels beschäftigt. Er hofft in Bezug auf Nvidia, dass sie an den freien Treibern so mitarbeiten, wie es AMD oder Intel schon länger tun.
Nvidia beteiligt sich auch nicht an der Entwicklung von quellenoffenen Treibers Nouveau für PC-Grafikchips. Er wurde zum Grossteil per Reverse Engineering entwickelten. Die meisten Desktop-Linux-Distributionen von Red Hat und Canonical (Ubuntu) konfigurierten bisher Nouveau standardmässig für GeForce-Grafikchips und nicht den proprietären Treiber. Seit dem im März erschienenen Linux 3.4 gehört Nouveau zu den offiziellen Treibern des Kernels. Er wird somit automatisch für alle Distributionen empfohlen und wohl auch darin belassen. Die Freiheit von GNU/Linux bedeutet aber auch, dann jeder frei über die genutzten Komponenten entscheiden kann, auch welche Treiber mit einer Distribution ausgeliefert werden oder welche Treiber der Nutzer für seine Komponenten installieren will.
Update 21. Juni: Nvidia reagiert
Eine von Nvnews.com verbreitete Mitteilung enthält Nvidias Stellungnahme: «Linux-Unterstützung ist für Nvidia wichtig, und wir verstehen, dass es Leute gibt, für die Linux und Open Source von genauso grosser Bedeutung sind, wie wir mit Leidenschaft auf beeindruckende Grafik-Erlebnisse hinarbeiten.» Nvidia wolle bei der Linux-Unterstützung den hauseigenen Code verwenden, der auch auf anderen Plattformen genutzt wird, anstatt sich in die Entwicklung von offenen Treibern einzubringen. Zudem habe man viel zum ARM-Code des Linux-Kernels beigetragen.
(Marco Rohner)
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