Solarlaterne aus Israel erhellt die dritte Welt

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In vielen Entwicklungsländern ist die flächendeckende Versorgung mit Licht problematisch. Die israelische Firma Globe Light & Water Systems baut Strassenlampen, die ohne Anschluss an die Stromleitung funktionieren und obendrein noch umweltfreundlich sind. Wir haben Zeev Jakoby, den Erfinder der Solarlaterne, interviewt und blicken hinter die Kulissen des Projekts Orion.

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Nebst dem Hungerproblem ist in der dritten Welt auch die fehlende Elektrizität ein trauriges Faktum. Das führt dazu, dass öffentliche Verkehrswege in der Nacht zu gefährlichen Fallen werden, weil keine Beleuchtung vorhanden ist. Bis heute kämpfen zahlreiche Nationen mit instabilen Netzen, einige haben gar keinen Zugang zu fortschrittlichen Energiequellen. Letztes Jahr war beispielsweise in einem Teil von Tansania (Ostafrika) die Leitung während knapp sechs Monaten unterbrochen. Auch in Sambia und Angola kam es früher regelmässig zwei bis dreimal pro Woche zu Stromausfällen. Gemäss einem Bericht der Weltbank leben 1,5 Milliarden Menschen ohne Zugang zu elektrischer Energie.

Know-how aus dem Heiligen Land

Im Kopf der Orion stecken Leuchtdiode, Solarpanel und Akku. (pd)

Zeev Jakoby, Geschäftsführer von Globe Light & Water Systems, und dessen Team tüftelten zwei Jahre lang an der Solarlaterne Orion. Seine Erfindung soll die Armut in der Welt bekämpfen: «Wir glauben, dass unsere Technologie vielen benachteiligten Ländern Zugriff auf ein Grundbedürfnis gewährt, nämlich Licht.» Inzwischen bauen die kreativen Israelis entsprechende Modelle für Äthiopien, Nigeria und Kolumbien. Natürlich sind auch finanzstarke Kunden aus West und Ost gerne gesehen, die unter anderem Freizeitparks, öffentliche Gärten oder Parkplätze mit den originellen Lampen bestücken möchten.

Orion benötigt keine externe Stromversorgung und bezieht die Energie ausschliesslich von der Sonne. Im schnörkellos designten Kopf der Laterne befindet sich eine Kombination aus Solarzellen, Batterien und Leuchtdioden. Die winzige Fotovoltaikanlage auf der Oberseite ist schachbrettförmig angeordnet, damit das Licht – je nach Standort – aus verschiedenen Winkeln und Richtungen absorbiert werden kann.

Auf der Oberseite befinden sich die Fotovoltaikzellen. (pd)

Das Panel erfasst im Verlaufe des Tages die Strahlen der Sonne und wandelt sie in Energie um. Der integrierte Akku speichert den produzierten Strom und gibt ihn nach Einbruch der Dunkelheit automatisch an die Lampe weiter. Diese basiert auf LED-Technik, arbeitet extrem sparsam und effizient. Am frühen Abend werkelt das intelligente System mit hundertprozentiger Leuchtkraft, nachts reduziert es sich selbst auf 60 Prozent, im Morgengrauen erhöht es die Leistung abermals auf das Maximum. Sowohl die Höhe des Masts (sechs oder acht Meter) als auch die Kapazität der Lampe (28 Watt mit 1‘800 Lumen oder 30 Watt mit 3‘600 Lumen) lässt sich individuell festlegen.

Laut offiziellen Angaben brennen die Leuchtdioden bis zu 15 Jahre. Rund 2‘000 Ladezyklen sorgen dafür, dass die spezielle Batterie mit der Bezeichnung LiFePO4 höchstens alle drei bis vier Jahre ausgetauscht werden muss. Es dauert ungefähr zehn Stunden, bis der mit Eisenphosphat angereicherte Akkumulator wieder voll aufgeladen ist. Im Vergleich mit konventionellen Li-Ionen-Zellen sondert sich bei einer Überladung kein metallisches Lithium ab, Sauerstoff wird nicht freigesetzt. Gerade für die hohen Temperaturen in Afrika ist der phosphathaltige Mix bestens geeignet. Hersteller von Elektro-Autos wie Peugeot oder Volkswagen verwenden übrigens ähnliche Materialien.

Die Solarlaterne aus Israel soll gegen Unwetter und Vandalen gerüstet sein. (pd)

Die durchdachte Konstruktion der Solarlaterne verhindert nicht nur kostenintensive Wartungsarbeiten, sondern schützt zudem vor Vandalismus und Diebstahl. Dank kompakter Bauweise ist der 24 Kilogramm schwere Leuchtkörper gerüstet für Witterungseinflüsse jeglicher Art.

«Saubere» Lampen auch für die Schweiz

Der umweltfreundliche Ansatz der Orion sprengt konventionelle Rahmen und geht einen Schritt weiter. Im direkten Vergleich mit herkömmlichen Strassenlampen enthalten die israelischen Pendants keine giftigen Substanzen und verbrauchen keine fossilen Brennstoffe. Ausserdem können sie mit deutlich weniger Spannung (12 Volt) betrieben werden als traditionelle Lichtquellen. In der Schweiz soll die technologisch veraltete Strassenbeleuchtung frühestens in zehn Jahren ausgetauscht werden. Jedenfalls stimmte der Ständerat im September 2011 einer entsprechenden Motion aus dem Nationalrat zu. Diese fordert bis Ende 2020 einen effizienten Ersatz für die heute im öffentlichen Raum montierten Lampen.

Greenbyte.ch konnte mit Zeev Jakoby, Managing Director von Globe Light & Water Systems, sprechen und hat exklusive Details über die Projekte des israelischen Unternehmens erfahren.

Zeev Jakoby ist der Geschäftsführer von Globe Light & Water Systems. (pd)

Was können sie uns über sich selbst und die Gründung ihrer Firma erzählen?

Ich bin 53 Jahre alt, ausgebildeter Bauingenieur und habe Elektronik studiert. Vor drei Jahren begann ich mich für die LED-Technik zu interessieren. Zwölf Monate später gründete ich gemeinsam mit Rosana Smerling das Unternehmen. Sie ist 55 Jahre alt und arbeitete ursprünglich als Architektin. Während Rosana für das Marketing zuständig ist, kümmere ich mich als Geschäftsführer um die technologische Entwicklung und die Realisierung in Afrika. Seit Beginn der Zusammenarbeit hatten wir eine klare Vorstellung unserer Ziele. Wir wollten uns den Problemen der Menschen in der dritten Welt annehmen. Die Vision wurde wahr, als sich anfangs 2011 die Globe International Holding entschloss, die Produktion unserer Lampen finanziell zu unterstützen.

Wie viele Leute arbeiten für Globe Light & Water Systems?

Neben Rosana und mir besteht das Team aus spezialisierten Elektronikern, Mechanikern, Designern sowie anderen Fachkräften. Ausserdem haben wir eine Kooperation mit einer der grössten Fabriken für Beleuchtungskörper in Israel. Ebenfalls zu unseren Partnern zählt ein Start-up, welches bahnbrechende Forschung im Zusammenhang mit Solarzellen betreibt und die Ausbeutung der bisherigen Module dramatisch verbessern konnte. Des weiteren profitieren wir von einem grossen Netz aus Distributoren, welches von Australien über Kolumbien bis nach Mexiko und Südafrika gespannt ist.

Afrikanische Staaten wie Nigeria profitieren bereits heute von den Hightech-Laternen aus Israel. (pd)

Was hat sie dazu inspiriert Strassenlaternen für die dritte Welt herzustellen?

Wenn du zum ersten Mal afrikanischen Boden betrittst, bekommst du eine Vorstellung der Bedürfnisse dieses Kontinents. Eigentlich sind Licht und Wasser die Grundlage jeder Zivilisation. Also fokussierten wir unsere Arbeit darauf. Wir wollten etwas entwicklen, dass wirkungsvoll, effizient, langlebig und nachhaltig ist. Schliesslich konzentrierten sich unsere Ideen auf eine Lampe, die aus hochleistungsfähigen Leuchtdioden besteht und wenig Energie verbraucht. Dann fügten wir Fotovoltaikzellen hinzu, die Sonnenstrahlen in Elektrizität umwandeln. Das Licht der Sonne ist unbegrenzt verfügbar und kostenlos. Dank unseres Designs (All-in-One) ist die Lampe widerstandsfähiger gegen stürmisches Wetter und Vandalismus. Obwohl das System einfach zu installieren ist, geben wir den Technikern vor Ort eine Schulung, um die Langlebigkeit des Produkts zu fördern. Im Herzen der Lampe befinden sich der Mikroprozessor und ein Kontroller; beide sorgen dafür, dass alle Komponenten perfekt miteinander harmonieren.

Am Boden der Orion ist die LED-Lampe befestigt. (pd)

Wie sind die bisherigen Erfahrungen mit der Solarlaterne Orion in Afrika?

In Nigeria beispielsweise kooperieren wir direkt mit den zuständigen Behörden der Regierung, um Verträge für einzelne Projekte abzuschliessen. Kürzlich waren wir unter anderem in den Landesteilen Katsina und Kogi präsent. Alle Verhandlungen werden von unserer lokalen Niederlassung in Port Harcourt (Rivers) geführt. Anfangs war eines unserer grössten Probleme das Misstrauen der Bevölkerung. Die Menschen hatten schlechte Erfahrungen gemacht mit Lampen, die von anderen Herstellern stammten. Diese waren an verschiedenen Orten montiert und funktionierten bereits nach sechs Monaten nicht mehr. Wir mussten also zuerst Überzeugungsarbeit leisten und beweisen, dass unsere Technologie komplett anders ist. Heute freuen sich die Leute über unsere Solarlaterne und geniessen den Unterschied. Im Gegensatz zur Konkurrenz verrichten unsere Lampen ihren Dienst zuverlässig.

Möchten sie das innovative Licht-Konzept auch an «reiche» Länder verkaufen?

Eigentlich dreht es sich nicht um arme oder reiche Länder. Vielmehr geht es um den Standort und den Einfallswinkel des Sonnenlichts. Orion ist ideal geeignet für ländliche Regionen, Veranstaltungen unter freiem Himmel oder offen gelegene Wohnsiedlungen. Innerhalb Europas sind wir unter anderem in Spanien und bald in Italien aktiv. In Ländern der «ersten Welt» lautet die Frage, wie man Energie sparen und die Stromrechnung reduzieren kann. Auch dazu haben wir uns Gedanken gemacht und eine Lösung gefunden. Die Antwort lautet Jupiter. Damit ist eine spezielle LED-Lampe gemeint, die viel weniger Energie benötigt als übliche Strassenlampen aus dem öffentlichen Bereich.

Jupiter leistet genauso viel wie klassische Natriumdampflampen (HPS), die an vielen Orten auf der Welt zu finden sind. Die israelische LED-Birne braucht aber deutlich weniger Energie, brennt viel länger und ist sogar noch umweltfreundlicher. (pd)

Das hört sich interessant an. Was steckt hinter Jupiter?

Wie gesagt, wir produzieren diese Lampe, um die an vielen Orten auf der Welt installierte, aber veraltete Strassenbeleuchtung zu ersetzen. Jupiter verfügt über einzigartige Technologie und leistet mit 100 Watt so viel wie eine klassische Natriumdampflampe (HPS) mit 250 Watt. Unsere Lampe verbraucht zwei Drittel weniger Energie und ist genauso effizient. Zudem gibt es eine elektronisch gesteuerte Dimming-Funktion, die den Verbrauch weiter reduziert.

Dann könnte Jupiter ein Teil der Lösung des globalen Energieproblems sein?

Heutzutage suchen die Industriestaaten nach neuen Energiequellen – dazu gehört auch die Sonne. Wir glauben, dass der erste Schritt mit dem Austausch von bestehenden Produkten zusammenhängt. Ich gebe ein Beispiel: Ein Land, das 200‘000 Natriumdampflampen mit jeweils 150 Watt einsetzt, braucht pro Stunde 30 Megawatt. Wenn man nun unsere LED-Lampen mit vergleichbarer Leistung nimmt, spart man jede Stunde über die Hälfte ein, sprich 15 Megawatt! Gleichzeitig sinken die Unterhaltskosten und die Umweltverschmutzung, weil die LED-Lampen eine längere Lebensdauer haben.

Die 55-jährige Architektin Rosana Smerling ist die Mitbegründerin der Firma GLWS und kümmert sich um das Marketing sowie die strategische Ausrichtung. (pd)

Neben den Lampen haben sie auch ein Produkt für eine «grüne» Wasseraufbereitung kreiert. Was ist damit gemeint?

Wenn wir von grüner Technologie sprechen, egal ob Beleuchtungssysteme oder Wasseraufbereitungsanlagen, geht es immer um das Thema Nachhaltigkeit. Wir möchten natürliche Ressourcen schonen und die Luft mit weniger Kohlendioxid belasten. Deshalb basiert unsere Lösung für die Wasseraufbereitung auf dem gleichen Konzept. Es handelt sich dabei um ein modulartig aufgebautes System, welches mit knapp 30,5 Zentimeter grossen Containern und den dazugehörigen Solarzellen ausgestattet ist. Dabei arbeiten wir mit Experten zusammen, die – nach der Analyse des Wassers – die Dimensionen der Anlage bestimmen, um die bestmögliche Qualität zu erhalten.

Auch in der Nacht werden die Vorzüge der LED-Lampe sichtbar, nämlich ihre Leuchtkraft und Reichweite. Ausserdem ist das weisse Licht angenehmer für die Augen als der gelbliche Schein des HPS-Pendants. (pd)

Welche Projekte haben sie in Planung?

Aktuell entwickeln wir eine neue Lampe mit dem Arbeitstitel Neptun. Diese ist gedacht für Regionen im Norden, um beispielweise verschneite Skipisten, winterliche Ferienorte oder Fahrradwege zu beleuchten. Ein revolutionärer Fotovoltaik-Schirm soll Neptun mit Energie versorgen.

(Interview: Guido Haus)

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Guido Haus

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