So will Microsoft klimaneutral werden

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Microsoft will ab 7. Juli klimaneutral sein. Der Software-Konzern folgt dem Konkurrenten Google und vielen japanischen IT-Internehmen mit einer selbstauferlegten Pflicht zum Umweltschutz.

 

Das Rechenzentrum in Dublin stand auch schon still wegen Blitzschlag, arbeitet aber sonst mit effizienter Luftkühlung und Strom aus Wasserkraft. (pd)

Microsoft startete den Weg zum klimaneutralen Unternehmen vor Jahren. Das Unternehmen lobte sich Anfang Jahr, die 2009 gesetzte 30 Prozent Treibhausgas-Reduktion innert 3 Jahren erreicht zu haben – trotz 3 Milliarden Dollar Investitionen in neue Rechenzentren für die Cloud-Plattform «Windows Azure». Auch die Zulieferer von Hardware-Produkten des Konzerns aus Redmond (USA) sollen ab 2013 einem strengen Ethikkodex unterworfen werden. Nun will Microsoft wirklich klimaneutral werden, kurz nachdem Greenpeace eine Kampagne startete, die den Strom aus Kohlekraft aus den Rechenzentren von Apple, Microsoft und Amazon verbannen will. Die Frage, ob Greenpeace den Konzern zur Reaktion zwang oder alles bereits lange geplant war, erübrigt sich. «Unser Ziel ist, jede Geschäftseinheit für die Kosten der Kompensation ihres eigenen Ausstosses verantwortlich zu machen», sagte Microsoft-COO Kevin Turner. Jede einzelne Geschäftseinheit in über 100 Ländern wird die von ihr produzierten Treibhausgase verantworten und in Form von Zertifikaten bezahlen. 

Turner geht in der Ankündigung zu Klimaneutralität nicht auf die Greenpeace-Kampagne gegen Microsoft ein. Derzeit scheinen sich die Aktivisten aufgrund der Art und der Anzahl der Aktionen eher auf Apple einzuschiessen. Ein grosser Schritt hin zur Klimaneutralität ist aber die Transparenz. Microsoft errechnet per Software die CO2-Emissionen und rapportiert sie an das Carbon Disclosure Project (CDP). Das CDP ist eine Not-for-Profit-Organisation, die den weltweiten Ausstoss von Treibhausgasen transparent macht. Microsoft tut dies schon seit 2005 ist auch globaler Technologie-Partner des CDP. Das CDP-System läuft auf Windows Server and SQL Server. Das deutsche Software-Unternehmen SAP ist ebenfalls globaler Technologie-Partner. SAP steuert die Cloud-Plattform Business Intelligence OnDemand aus der Business-Objects-Linie bei.

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Die Microsoft-Strategie zur Klimaneutralität ist in einem Whitepaper detaillierter dokumentiert. Bei den Rechenzentren wird aber nach wie vor nur die Effizienz gemessen und ausgewiesen, nicht der Gesamtstromkonsum. Genau dies prangert auch die Greenpeace-Kampagne «Clean our Cloud» an. Denn Rechenzentren sind riesige Stromverbraucher. 

Stromhunger der Rechenzentren 

Dublin-RZ: Die warme Luft wird hinter den schwarzen Server-Racks zu den Kühlern im Dach geleitet. (pd)

Die Environmental Protection Agency (EPA) der USA anerkennt Microsoft als drittgrösster  nationaler Unternehmenseinkäufer von grüner Energie aus einer Liste von 50 Unternehmen. Die Green Power Top 50 wurde im April veröffentlicht und bewertet Unternehmen aus dem «Green Power Partnership Programm». 46 Prozent von Microsofts Stromverbrauch stammte aus Biomasse, kleinen Wasserkraftwerken und Windkraft. Dies entspricht 1,12 Milliarden Kilowattstunden grünem Strom, den die Redmonder einkauften.

Eines der grössten Rechenzentren von Microsoft läuft seit Juli 2009 in Dublin (Irland). Es bedient vor allem Europa, aber auch den Nahen Osten und Afrika mit Cloud-Services wie Office 365, Windows Live, Xbox Live, Bing und Windows Azure. Mit 330’000 Quadratmetern ist es eines der grössten Rechenzentren der Welt. Im Februar kündigte Microsoft die Expansion auf 415’000 Quadratmeter an. Die Strom-Gesamtleistung steige auf 29,4 Megawatt während den Spitzenzeiten – bei höchster Auslastung der Server. Der effektive Stromkonsum ist damit aber auch nicht bemessen, der je nach Art der Services und deren Nutzung stark variiert. Ein mittelgrosses Rechenzentrum verbraucht pro Jahr mehrere Gigawattstunden Strom. Als Vergleich produziert das Kernkraftwerk Leibstadt, das leistungsfähigste der Schweiz, pro Jahr rund 8000 Gigawattstunden. Wie Josh Henretig, Microsoft Group Manager für Environmental Sustainability, im Exklusiv-Interview mit Greenbyte.ch sagte, bezieht das Mega-Rechenzentrum in Dublin den gesamten Strom aus erneuerbaren Energien – vorwiegend aus Wasserkraft. Der Standort wurde beim Bau auf 50 Megawatt ausgelegt.

Das kühle Klima in Dublin erlaubt eine reine Luftkühlung der Server. Die Effizienz des Rechenzentrums (RZ) beziffern sie auf einen PUE-Wert von 1,28. Das Microsoft Unternehmen Global Foundation Services betreibt die hauseigenen RZ. Sie unterhalten auch ein ähnlich grosses Mega-Rechenzentrum in Quincy (USA) wie das in Dublin. Es bezieht den Strom ebenso zu 100 Prozent aus Wasserkraft. Weltweit sind aber noch mindestes 10 solche Mega-Datacenter von Microsoft in Betrieb. Das RZ in Chicago (USA) ist derzeit mit 60 Megawatt so gross wie Quincy und Dublin zusammen. Dort wird lediglich geklärtes Wasser zum Kühlen der Server-Räume verwendet.

Von den zehn grössten Rechenzentren von Microsoft stehen zwei in Europa. (pd)

 

Klimaneutral ohne Flugreisen

Die Flugreisen des Personals seien nur noch als letzte Option vorgesehen. Mit dem klassischen Green-IT-Ansatz sollen mittels Kollaborations-Software die Flugreisen weiter reduziert werden. Microsoft nutzt die Unified-Communication-Funktionen von Microsoft Lync zusammen mit den Kollaborations-Schnittstellen in Microsoft Office und Microsoft SharePoint. In grösseren Geschäftszentren wie Seattle, Reading, Beijing und Hyderabad sind Telepresence-Videotelefonie-Räume eingerichtet. Dies habe seit 2007 über 30’000 Tonnen CO2 eingespart.

Laut dem Carbon Disclosure Project übersteigen sie Emissionen bei Herstellung, Verpackung und Transport in der Zulieferkette (Supply Chain) oftmals die unternehmenseigenen Umwelteinflüsse. Microsoft arbeite sowohl mit den grössten direkten Zulieferern der Hardwareprodukte wie Xbox, Mäusen und Tastaturen zusammen, sowie mit den indirekten Zulieferern der Hardware, die sie für interne Zwecke nutzen. Microsoft messe und reduziere den Ausstoss von Treibhausgasen in der weltweiten Zulieferkette. Als Beispiel habe das Team, das alle Microsoft-Produkte in Europa, im Nahen Osten und in Asien beschafft und ausliefert, einen  Preis gewonnen für ihre optimierte Verpackung.

(Marco Rohner)

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Marco Rohner
Journalistischer Unternehmer der neu erfindet, wie Geschichten in einer allzeit verbundenen Welt erzählt werden. Er ist Herausgeber von Greenbyte.ch, dem weltweit exklusiven Online-Magazin über den nachhaltigen Nutzen von Informationstechnologie, gegründet im Jahr 2011 und 500'000 Leser in den ersten drei Jahren erreicht.