Klimafreundliche Autos helfen Steuern sparen

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Der Zürcher Kantonsrat will umweltbewusste Autofahrer finanziell entlasten. In der gestrigen Sitzung befürwortete eine Mehrheit der Parlamentarier die Anpassung des Verkehrsabgabegesetzes (VAG). Anfangs Oktober soll die Vorlage verabschiedet werden. Wir berichten, welche Details das Massnahmenpaket beinhaltet und wie die Lage generell in der Schweiz aussieht.

Das Cockpit des Renault Frenzy wirkt futuristisch. Der französische Hersteller positioniert seine neuste Kreation auch im Business-Bereich. Der Kombivan kann beispielsweise als Lieferwagen oder für Logistikunternehmen eingesetzt werden. Er verfügt über einen Elektromotor und hat 60 Pferdestärken unter der Haube. Seine Batterie fasst 22 Kilowattstunden, die theoretisch für 170 Kilometer reichen. (pd)

Die geplante Revision der betreffenden Paragrafen aus dem Jahre 1966 sieht vor, dass zukünftig alle emissionsarmen und energieeffizienten Fahrzeuge steuerlich entlastet werden. Bisher ist die Situation im Kanton Zürich so, dass ausschliesslich Elektromobile von der Verkehrsabgabe befreit sind und Hybridfahrzeuge nur die Hälfte des eigentlichen Ansatzes für Hubraum sowie Nutzlast bezahlen. Aktuell profitieren herkömmliche Diesel- oder Benzinmotoren nicht von der Reduktion. Obwohl es auch hier Unterschiede gibt. Die grosse Mehrheit der gewählten Volksvertreter, darunter Thomas Wirth von den Grünliberalen, möchte das Potenzial nutzen. Der ETH-Absolvent brachte es in seiner gestrigen Ansprache im Rathaus am Limmatquai auf den Punkt.

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«Leute, die das Gefühl haben, sie müssten ihre 60 Kilogramm Frau und ihre 50 Kilogramm Kinder mit 2,5 Tonnen Metall in die Schule fahren, die werden mehr Verkehrsabgaben bezahlen müssen als ein Pendler, der mit dem Smart in die Stadt fährt» Thomas Wirth, Grünliberale

Unterschiedliche Meinungen gab es bei der Festlegung des Grenzwerts. Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) empfiehlt eine Obergrenze von 130 Gramm CO2 pro gefahrenen Kilometer. Wer sich entscheidet einen ökologischen Neuwagen zu kaufen, muss diese Norm beachten, um in den Genuss des Rabatts zu kommen. Je nach Leistungsindex des Autos bringt dieser zwischen 50 und 80 Prozent Ermässigung auf die VAG-Steuer. Selbst Gewerbetreibende haben die Möglichkeit ihren Fuhrpark anzumelden, jedoch darf ein Lieferwagen höchstens 250 Gramm CO2 pro Kilometer in die Luft abgeben. Gar keine Freude am neuen Verkehrsabgabegesetz haben Vertreter der SVP, die hinter der Aktion eine versteckte Erhöhung der Tarife befürchten.

Einheitliche Lösung gefragt

Thomas Wirth von den Grünliberalen verlangt tiefere Steuern für ökologische Autos. (pd)

Steuern für motorisierte Vehikel aller Art werden landesweit nach individuellen Bemessungsgrundlagen erhoben. Gemäss einer Dokumentation des Bundesamtes für Energie (BFE) erhalten heutzutage Fahrzeuge mit Elektro-, Hybrid- oder Brennstoffzellen-Antrieb in den meisten Kantonen besondere Vergünstigungen. Selbst der Einsatz von alternativen Treibstoffen wie Wasserstoff, Erd- und Biogas kann eine Reduktion der Steuer bewirken. In Solothurn beispielsweise sind Solar- und Elektroautos seit Ende 1990 von der Steuerpflicht befreit. Eine andere Strategie wählt Sankt Gallen. Dort wird seit dem 1. Januar 2009 sämtlichen Fahrzeugen der Energieeffizienzklasse A (mit einem maximalen CO2-Ausstoss von 130 Gramm pro Kilometer) die Steuer erlassen.Einzige Ausnahme ist der Kanton Aargau, der nach wie vor keine Boni für umweltfreundliche Automobile kennt. Besitzer von Elektrofahrzeugen bezahlen dort sogar bis zu sieben Mal mehr Steuern als ihre Kollegen, die mit Benzin- und Dieselmotoren unterwegs sind. Thomas Eichenberger, Eigentümer der Sunel AG, handelt im Mittelland mit Solarmobilen und wehrte sich in der Vergangenheit mehrmals gegen die unfairen Rahmenbedingungen: «Bereits vor 20 Jahren haben uns die kantonalen Behörden in Aussicht gestellt, dass die gängige Praxis geändert wird». Kaum zu glauben, aber wahr. Die bisherige Regelung stützt sich auf eine Verordnung über Steuern und Gebühren aus dem Jahr 1977.

Kanton Aargau im Abseits

Gemäss einer Medienmitteilung der aargauischen Staatskanzlei vom 19. August 2011 ordnet nun der Regierungsrat an, das fragwürdige Gesetz ab 2012 zu korrigieren, weil die Besteuerung von Elektrofahrzeugen aufgrund des geltenden Rechts unverhältnismässig hoch ausfällt. Bei einer vergleichbaren Antriebsleistung resultieren für Elektrofahrzeuge im Mittel höhere Abgaben als bei Fahrzeugen, die mit Hubkolbenmotor angetrieben werden. Weil keine objektiven Gründe diese Ungleichbehandlung rechtfertigen, entschied der Regierungsrat, dass die bisherige Praxis der Besteuerung von Elektromobilen verfassungswidrig ist und nicht mehr weitergeführt werden darf. Eigentlich wollte die Regierung die steuerliche Benachteiligung von Elektrofahrzeugen mit dem überarbeiteten VAG bereits letztes Jahr eliminieren, doch der grosse Rat lehnte die neuen Richtlinien am 24. August 2010 ab. Gegenüber Greenbyte.ch erklärte Johannes Michael Baer die zukünftige Sachlage: «Ab 2012 wird das Problem mit der Verkehrssteuer entschärft, weil Elektrofahrzeuge im Kanton Aargau zumindest mit vergleichbaren Benzinern gleichgestellt werden». Baer ist Amtsleiter des Departement für Volkswirtschaft und Inneres und zuständig für das Strassenverkehrsamt. Es bleibt zu hoffen, dass die verantwortlichen Personen weitere Schritte zur Verbesserung der Situation beitragen. Der Aargau ist der einzige Kanton in der ganzen Schweiz, der die Verbreitung umweltschonender Autos – steuerlich gesehen – nicht honoriert.

(Guido Haus)

Wer im Kanton Aargau einen vollständig elektrisch betriebenen Tesla Roadster fährt, der bekanntlich keinen Tropfen Benzin verbraucht, muss laut dem Aargauer Departement für Bau, Verkehr und Umwelt 3‘924 Franken Motorfahrzeugsteuer bezahlen. Eine traditionelle CO2-Schleuder wie der Ferrari F355 kostet «nur» 468 Franken pro Jahr. (pd)

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Guido Haus

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