Strafanzeige wegen Spionage durch Prism und Tempora

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Die «Digitale Gesellschaft» hat Strafanzeige gegen Unbekannt bei der Schweizerischen Bundesanwaltschaft eingereicht. Die globalen Überwachungsprogramme wie Prism und Tempora betreffen auch die Schweiz, ihre Behörden und ihre Bewohner.

Schweizerische Bundesanwaltschaft

Schweizerische Bundesanwaltschaft hat bereits Datendiebe angeklagt im Fall der Bank Julius Bär.

Die  «Digitale Gesellschaft», eine politische Gruppe für Bürgerrechte im Netz, hat beim Bundesanwalt Strafanzeige wegen Überwachung eingereicht. Sie bezieht sich auf die globalen Überwachungsprogramme wie Prism und Tempora. Der ehemalige CIA- und NSA-Mitarbeiter Edward Snowden hat die Überwachungsprogramme in den vergangenen Wochen aufgedeckt und damit die schlimmsten Befürchtungen bestätigt.

Im Hype um den tragischen Held Snowden und seinen detaillierten Geheimnisverrat will die Bürgerrechtsgruppe, dass sich die Schweizerische Bundesanwaltschaft mit dem Thema Spionage und Datenschutz beschäftigt. Die Bundesanwaltschaft soll eine Strafuntersuchung gegen Unbekannt eröffnen, die Täterschaft in der Schweiz sowie im Ausland ermitteln und Anklage zu erheben. Es geht der Gruppe aber auch um Wirtschaftsspionage. Die Bundesanwaltschaft muss nun entscheiden, wie Datendiebstahl bei Bürgern, Staaten und Unternehmen sich gegenüber den Datenklau von Bankkunden-Daten  unterscheidet. Die Bundesanwaltschaft hatte am 23. Juni beim Bundesstrafgericht in Bellinzona Anklage erhoben gegen einen deutschen IT-Spezialisten mit Wohnsitz in der Schweiz.

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Schützt Schweizer Recht vor Prism?

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Edward Snowden verrät im Juni 2013 unter anderem mit diesen herausgeschmuggelten Präsentationen die Details zu Prism. (pd)

Das Schweizer Strafgesetz soll laut Anzeige unter anderem in folgenden Punkten verletzt worden sein: Verbotene Handlungen für einen fremden Staat (Art. 271 StGB), verbotenen Nachrichtendienst (Art. 272 ff. StGB), unbefugte Datenbeschaffung (Art. 143 StGB) und unbefugtes Eindringen in Datenverarbeitungssysteme (Art. 143bis1 StGB). Genau diese Gesetze stehen heute dem Schweizer Nachrichtendienst im Weg, um es den Briten und Amerikanern gleich zu tun. Daten aller Bürger würden ohne Verdacht und auf Vorrat gesammelt, länger gespeichert und ausgewertet, als ob jeder Verdächtig sei. Das Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF) erlaubt gemäss den Gesetzgegnern die Installation von Trojanern, die Speicherung auf Vorrat von Verbindungsdaten während 12 Monaten sowie eine intrusive Überwachung der Mobiltelefonie. «Das neue Gesetz hat nichts mit Prism zu tun. Unsere Aufgabe ist es, die Schweizer Bevölkerung und ihre Freiheit zu schützen», sagte Nachrichtendienst-Sprecher Felix Endrich  laut der Zeitung «Tageswoche» anlässlich einer Anhörung zur Gesetzesrevision. «Eine flächendeckende Überwachung wäre ein viel zu grosser Eingriff in die persönliche Freiheit der Bürger.»

Die Bundesanwaltschaft muss nun entscheiden, wie Datendiebstahl bei Bürgern, Staaten und Unternehmen sich gegenüber den Datenklau von Bankkunden-Daten  unterscheidet.

In der Schweiz können, auch im neuen Gesetz, die Strafermittler nur bei dringendem Tatverdacht gegen eine bestimmte Person die Daten von Providern beantragen. In den USA aber werden die Daten vom Provider geliefert. Das neue Gesetz erweitert die Kompetenzen des Schweizer Nachrichtendienstes. Bisher konnten sie verdächtige Personen nur auf öffentlichen Plätzen überwachen. Neu sollen auch Internet und Telefon abgehört werden dürfen. Das Tabu der privaten Räume von Verdächtigen fällt – wir tragen die potentiellen Wanzen mit den Smartphones, Tablets und Notebooks aber ja sowieso mit uns herum. Der Nachrichtendienst könnte die neuen Möglichkeiten aber nur anwenden, wenn er dafür die Zustimmung erhält vom Bundesverwaltungsgericht, vom Sicherheitsausschuss des Bundesrats und dem Chef des Verteidigungsdepartements. «Wir rechnen jährlich mit etwa zehn Fällen», sagte Endrich.

Klage von Bürgerrechtsgruppe

Die «Digitale Gesellschaft» ist ein Zusammenschluss von netzpolitisch interessierten Gruppen und Personen in der Schweiz. Mitglieder der Digitalen Gesellschaft sind unter anderem der Chaos Computer Club (CCC), die Digitale Allmend, der Verein «Grundrechte.ch», die Piratenpartei Schweiz und die «Swiss Privacy Foundation». Im Auftrag eingereicht und verbloggt hat die Klage der Anwalt Martin Steiger. Auch in Deutschland hat die dortige «Digitale Gesellschaft» Strafanzeige erstattet.

(Marco Rohner)

(Update: Die Bundesanwaltschaft hatte am 30. September 2014 verfügt, dass sie im Fall der Strafanzeige wegen verbotenem Nachrichtendienst bezüglich PRISM/Tempora vom Juli 2013 kein Strafverfahren eröffnen wird.)

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Marco Rohner
Journalistischer Unternehmer der neu erfindet, wie Geschichten in einer allzeit verbundenen Welt erzählt werden. Er ist Herausgeber von Greenbyte.ch, dem weltweit exklusiven Online-Magazin über den nachhaltigen Nutzen von Informationstechnologie, gegründet im Jahr 2011 und 500'000 Leser in den ersten drei Jahren erreicht.