Mit einem neuen Rechenzentrum in der Normandie baut Orange Business Services seine Stellung im schnell wachsenden Bereich des «Cloud Computing» auf. Vivek Badrinath, Executive Director der France-Telecom-Tochterfirma, hat in Paris gegenüber Greenbyte.ch die eigene Strategie erklärt. Der Schweizer Managing Director Jörg Henseleit geht im Interview auf die Schweizer Besonderheiten der Cloud-Wahl ein.
«Wichtig ist, in der Lage zu sein, die multinationalen Kunden in allen Ländern zu unterstützen», erklärte Vivek Badrinath, Executive Director von Orange Business Services (OBS), an einer Pressekonferenz in Paris. Dies gelte nicht nur für die Telekommunikation! «Sehr viele Firmen befinden sich zurzeit in einer Transformationsphase Richtung Cloud und stützen sich dabei auf ihren Telekom-Provider. Unser Umsatz auf diesem Gebiet hat sich 2012 um 33 Prozent auf 112 Millionen Euros erhöht und wächst weiter mit gleicher Geschwindigkeit.», sagte Badrinath. 2015 würde sein Unternehmen eine halbe Milliarde Euros mit Cloud-Diensten erzeugen. «Interessant ist, dass auch KMU diesen Wandel mitmachen. Immer mehr Firmen und Organisationen aus dem Gesundheits- und Finanzwesen interessieren sich für dieses Thema, obwohl die Datensicherheit für sie ein sehr kritisches Thema bildet», so Badrinath.
Globale Cloud aus 11 Rechenzentren
OBS stützt sich für sein Angebot im Bereich Cloud auf eines weltweites Netz von Kommunikationslinien und elf Rechenzentren auf allen Kontinenten. Speziell für diesen Zweck ist vor einem Jahr ein neues Rechenzentrum in der Normandie dazugekommen. Die angebotenen Dienste beschränken sich aber nicht nur auf die Zurverfügungstellung von Rechenkapazität bei Bedarf in einem Hybrid-Cloud-Modell, sondern umfassen ebenfalls Dienste auf viel höherer Ebene. Zum Beispiel Unified-Communication-as-a-Service, bei dem der Kunde seine ganze Kommunikationsinfrastruktur (Sprache, Bild und Daten) vergibt. Ebenfalls Software-as-a-Service auf den Gebieten Bürosoftware, Kundenbeziehungsmanagement (CRM), Messaging, usw. Mehr als 60‘000 KMUs verwenden bereits Cloud Pro, der Software-as-a-Service (SAAS) von Orange.
«Immer mehr KMU und Unternehmen aus dem Gesundheits- und Finanzwesen interessieren sich für Cloud Computing» Vivek Badrinath
Rechenzentrum in kühler Umgebung
Das neue Rechenzentrum Val de Reuil in der Normandie wurde im Juni 2012 in Betrieb genommen. Es ist das Kernstück des Angebotes für Cloud-Services von OBS und entspricht dem Top der heutigen Technologie für derartige Anlagen. «Das Zentrum ist für eine laufende Weiterentwicklung konzipiert, neue ähnliche Einheiten können bei Bedarf dazu gebaut und in Betrieb genommen werden» erklärt Régis Marilleau, Leiter des Projektes. Das existierende Gebäude besitzt eine nutzbare Fläche von 5000 Quadratmeter und enthält vier Rechnersäle, wovon zwei belegt und in Betrieb sind. Die zur Verfügung stehende elektrische Leistung zur Speisung der Server (ohne Klima und andere Dienste) beträgt 10 Megawatt. Sämtliche technischen Anlagen (Speisung, Kühlung, Kommunikationslinien) sind doppelt vorhanden. Der Standort wurde in Hinsicht auf Sicherheit, elektrische Versorgung, Kommunikationslinien und Energie-Einsparung gewählt.
Sandwichbau erhöht Effizenz
Aus Nachhaltigkeits- und Ökonomie-Gründen wurde Val de Reuil konzipiert, um Energieverbrauch und Umweltbelastung zu minimieren. Der Standort Normandie wurde wegen des meist kühlen Klimas gewählt. Das zahlt sich aus: 80 Prozent der Zeit genügt die vorhandene Aussenluft, um die Temperatur in den Räumen zwischen 17 und 23 Grad Celsius zu halten. Damit erspart Orange Business Services rund ein Drittel der Energie, die normalerweise für eine derartige Anlage notwendig ist. Ferner besteht das Gebäude aus drei Ebenen: das Untergeschoss, von dem kalte Aussenluft nach oben gestossen wird, die mittlere Ebene mit den Serverräumen und das Dachgeschoss, wo die erwärmte Luft evakuiert wird; sie dient teilweise auch zur Heizung eines Bürogebäudes. Wie heute üblich, sind die Rechnersäle streng in kalte und warme Alleen aufgetrennt. Durch diese Massnahmen ist es möglich den PUE-Wert (Energieeffizienz) der Zentrale unter 1,3 zu halten.
Cloud Schweiz: Public: no! Private und Hybrid: yes
Mit Niederlassungen in Genf, Lausanne und Zürich betreut Orange Business Services mit mehr als 400 Mitarbeitern über 70 multinationale Unternehmen. Die Aufgabe von Orange Business Services in unserem Lande und die Offerte hinsichtlich Cloud erklärt Jörg Henseleit, Managing Director.
Greenbyte.ch: Wie lautet die Mission von Orange Business Services Schweiz?
Jörg Henseleit: Orange Business Services ist eine globale Organisation, in der die Schweizer Filiale voll integriert ist. Wir führen ein globales Geschäft mit grossen und mittleren schweizerischen multinationalen Unternehmen und pflegen mit ihnen ein langfristiges Verhältnis. Sie beziehen bei uns ein komplettes Portfolio von Diensten auf den Gebieten Telekommunikation und Informatik: LAN/WAN, IP-Telefonie, Videokonferenzen und Cloud-Services, um nur einige zu nennen. Dies weltweit, überall, wo sie tätig sind. Der Fokus bezieht sich klar auf kundenspezifische, massgeschneiderte Lösungen. Unser Geschäft teilt sich ungefähr gleichmässig in traditionelle Sprach- und Datennetze sowie IT-Services auf.
Wie unterscheiden Sie sich von Ihren Mitbewerbern?
Mit unseren Consulting- und Systemintegrationsteams sind wir in der Lage, flexible Lösungen anzubieten und zu realisieren. Auf globaler Ebene, in 160 Ländern, 220 sogar mit Partnern. In der Schweiz können wir uns auf eine lange lokale Präsenz und auf unsere Stärke in den Entwicklungsländern, insbesondere in den BRICS-Ländern, berufen.
«Schweizer Kunden wollen unbedingt wissen, wo ihre Daten liegen.» Jörg Henseleit
Und wie lautet die Offerte hinsichtlich Cloud?
Dank unseren Telekommunikationsnetzen und Rechenzentren sind wir in der Lage, Cloud-Services auf globaler Ebene anzubieten. Zirka 450 Kunden, Danone zum Beispiel, beziehen Cloud-Services bei uns, wie z.B. Infrastructure-as-a-Service, Unified Communications-as-a-Service, Security und Video. Mit unseren neuen Video-Lösungen per Cloud können unsere Kunden mit allen existierenden Geräten Multi-Point-Videokonferenzen abhalten. In der Schweiz beschränkt sich unser derzeitiges Angebot auf Private-Cloud-Services. Ein eigenes Rechenzentrum betreiben wir hier nicht, unsere Server werden bei schweizerischen Hosts unterbracht.
Wie positionieren sich Ihre Kunden bezüglich Cloud?
Die meisten von ihnen besitzen in dieser Hinsicht eine sehr klare Strategie. Das Rechenzentrum mit strategischen Applikationen wie SAP wird in eigener Regie als Private-Cloud betrieben. Das Konzept Private-Cloud ist heutzutage hochaktuell. Ebenfalls gross ist das Interesse an einer möglichen Verwendung von externen Kapazitätsreserven bei Bedarf, der Hybrid-Cloud. Gleichzeitig werden auch Public-Cloud-Lösungen wie Salesforce.com in Anspruch genommen. Die Befürchtungen hinsichtlich der Sicherheit bleiben aber das grösste Hindernis und unsere Kunden wollen unbedingt wissen, wo ihre Daten liegen.
(Interview: Jean-Luc Perrenoud)
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