Reinhard Clemens, CEO von T-Systems, will bis 2015 mit Cloud-Diensten den Jahresumsatz um zwei Milliarden Euro steigern. Der Motor dieser Entwicklung werde das Hosting von SAP-Applikationen sein.
Cloud Computing, in Form ausgelagerter Rechenoperationen, wird laut IDC bis 2014 insgesamt 12 Prozent der ICT-Ausgaben ausmachen. Dies entspricht einem geschätzten Marktvolumen von 55,5 Milliarden Dollar. «Bis 2015 wollen wir das Umsatzvolumen mit Cloud Computing um 2 Milliarden Euro steigern», sagte CEO Reinhard Clemens anlässlich eines internationalen Presse-Workshops im Bonner Hauptsitz. T-Systems wies 2010 einen Jahresumsatz von 9,1 Milliarden Euro aus. Wie sieht Clemens die nächsten 12 Monate? «Die schlechte wirtschaftliche Lage hilft uns, weil Geldsparen der primäre Fokus von Unternehmen ist», beantwortete Clemens eine Frage von Greenbyte.ch. Cloud Computing helfe Geld zu sparen.
T-Systems konzentriere sich auf den Markt in Europa und europäische Unternehmen, die weltweit tätig seien. Das sei ein grosser Vorteil. Der U.S. Patriot Act erlaubt Zugriffe der amerikanischen Behörden auf jegliche Art von Daten, die amerikanische Unternehmen weltweit verwalten. «Kein Unternehmen will einer Regierung alle eigenen Daten freigeben. Als europäischer Cloud-Anbieter ist die Rechtsicherheit ein entscheidender Vorteil für uns», sagte der CEO von T-Systems. Er plädiert für ein europäisches Zertifikat für Datensicherheit in der Cloud – als Bestätigung für die Kunden.
Neue Ordnung der IT-Industrie
Weil die Zeit der grossen Outsourcing-Deals vorbei sei, werde der Markt mit kleineren Handelsaktivitäten wachsen. «Wir erwarten 40 Prozent Wachstum im Cloud-Geschäft», so Clemens. Cloud Computing verändert das Tochterunternehmen der Deutschen Telekom wie auch die ganze Branche. «Deals werden kleiner, präziser und fokussiert», so Clemens.
«Cloud Computing ordnet die ganze IT-Industrie radikal neu», so Clemens. Die Anbieter streben nach mehr Grösse, um die Rechenzentren mit vielen Kunden besser auszulasten. Kleinere Firmen dürften deshalb von grösseren geschluckt werden. Zukäufe sind für den Chef von 47’600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern derzeit kein Thema. «Man kann keinen Umsatz kaufen, weil die Integration nicht geht», sagte Clemens. Nur bei einzelnen kleinen Produkten im Cloud Computing könne er sich Zukäufe vorstellen sowie bei der Systemintegration, um mehr Fachkräfte für die Kundenbetreuung zu gewinnen.
80 Prozent SAP-Transaktionen in der Cloud
T-Systems will Clemens jedoch in den nächsten Jahren besonders mit dem Steckenpferd SAP-Hosting wachsen lassen: «Wir werden das Geschäft mit SAP aggressiv expandieren.» Für KMUs sieht er ebenfalls grosse Wachstumschancen, die besonders im Bereich Sicherheit lägen, weil T-Systems als ICT-Teil der Deutschen Telekom viel Vertrauen erhalte. «Bisher werden nur Firewalls in die Cloud verlagert, aber Identitätsmanagement und Benutzerverwaltung in der Cloud werden bezahlbar.» Eine beim Institut für Demoskopie Allensbach durchgeführte Studie habe ergeben, dass Sicherheit bei deutschen Führungskräften höchste Priorität hat.
Bei T-Systems liefen 2010 80 Prozent der Transaktionen von SAP-Applikationen virtualisiert. Für das deutsche Outsourcing-Unternehmen lassen sich diese Anwendungen gut in die Cloud übertragen. Im Vergleich dazu liefen im gleichen Jahr nur 60 Prozent der anderen Operationen über die virtuelle Infrastruktur. «Mit der Einführung von Office 365 legt Microsoft im Cloud Computing stark zu», sagte Michael Pauly, Berater und Cloud Computing Experte von T-Systems. Die Kunden Daimler und Shell sind bereits auf den Office-365-Zug aufgesprungen. Dass T-Systems’ Cloud-Anteil von SAP-Applikationen einen so hohen Wert hat, ist auch Paulys Verdienst: Er war in die Entwicklung des virtualisierten Hostingangebots namens «Dynamic Infrastructure» involviert. Ab 2004 entstand mit der Virtualisierungstechnologie des Unternehmens VMware das erfolgreiche Hostingangebot – erweitert um eigene Software. Es umfasst heute 12 eigene Rechenzentren weltweit.
2010 löste Shell die Deutsche Telekom als grössten SAP-Kunden von T-Systems ab. 240 Terabyte Daten wurden in die Rechenzentren in München, Malaysia und den USA verlegt. Es ist eine der grössten SAP-Installationen der Welt. Insgesamt betreibt T-Systems über 90 Rechenzentren, davon sind 26 auf Hochsicherheit ausgelegt. Neben dem Schweizer Shell-CEO Peter Voser ist aber auch der Schweizer Markt bei SAP vorne dabei: Als der viertgrösste SAP-Markt weltweit. Schweizer Kunden profitieren von einem Rechenzentrum in der Nähe von Bern.
(Marco Rohner, Bonn)
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